Über den Wert der Reparatur und diese Kampagne
Die Kampagne „Wert der Reparatur“ verdeutlicht anschaulich, welche Rolle die Reparatur in unserer Gesellschaft spielt. Damit stellt sie gleichzeitig dar, warum reparaturfördernde Maßnahmen und die Umsetzung eines universellen Recht auf Reparatur notwendig sind, um nachhaltiger mit unseren Ressourcen umzugehen und das Potential der Reparatur für lokale Wirtschaftsförderung, die Schaffung sozialer Räume und der Förderung technischer Mündigkeit in der Gesellschaft zu nutzen.Die Beiträge auf dieser Webseite stammen größtenteils von Mitgliedern des Netzwerks Runder Tisch Reparatur. Der Runde Tisch Reparatur vereint viele verschiedene Akteure aus Handwerk, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft, die sich für ein Recht auf Reparatur einsetzen. Die Diversität der verschiedenen Beiträge und Akteure macht deutlich: Das Reparieren berührt und begegnet uns im Alltag auf vielfältige Weise, manchmal unbemerkt, manchmal sehr sichtbar, manchmal voller Frustration und manchmal voller Stolz. Es wird außerdem klar, dass die Reparatur ein wichtiger und oft unterschätzter Bestandteil unserer Wirtschaft ist und vieles zusammenhält.
> Mehr über den Runden Tisch Reparatur erfahrenSie kommen aus unterschiedlichen Generationen, haben unterschiedliche Lebenswege hinter sich, der eine ist eher Pragmatiker, der andere Idealist. Was sie eint: Beide brennen für ihren Beruf und reparieren für ihr Leben gern. Heinrich Jung und Steffen Vangerow verdienen mit der Reparatur ihren Lebensunterhalt und können es nur empfehlen.
Seit knapp 40 Jahren repariert Heinrich in seinem Betrieb so gut wie alles, was ihm vor die Nase kommt. Die Karriere begann recht unkompliziert: Seine Mutter nahm ihn mit 14 Jahren „an die Hand, stellte ihn bei Siemens in der Lehrwerkstatt vor und meinte: ‚Hier, der Bub will Elektriker werden‘“. Also ging es los, „mangels Alternative“. Es folgten verschiedene Stationen, unter anderem arbeitete er in der Inbetriebnahme großer Verfahrenstechnikanlagen in der herstellenden Industrie. Um „dem goldenen Kalb Automobil“ nicht weiter zu dienen, suchte er jedoch recht bald nach einem ökologisch nachhaltigeren Weg, seine Fähigkeiten als Elektromeister einzusetzen. So landete er bei der Reparatur von Elektrogeräten. Seinen fünf Grundsätzen folgend – Reparieren geht vor Wegwerfen, kein Verkauf von neuen Geräten, sparsamer Materialeinsatz bei der Reparatur, Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen und Verbraucheraufklärung – etablierte er, zunächst im Kollektiv und später allein seinen Betrieb „Blitzblume“.
Steffen arbeitet als Geschäftsführer der Vangerow Werkstätten in Reutlingen in Baden-Württemberg und betreut ein Netzwerk von knapp 1.000 Reparaturwerkstätten in ganz Deutschland. Für ihn war bereits von klein auf klar: Er will in den elterlichen Betrieb rein. Nach dem Abitur begann er eine Ausbildung zum Informationselektroniker für Systeme und Geräte und hatte großen Spaß an Hausbesuchen und Kundendienst. Vom Fotodrucker über Spielautomaten, Kaffeemaschinen bis zu Weißer Ware hat er gelernt alles zu reparieren. Er sei zwar wahrscheinlich „nicht der beste Techniker der Welt“, habe aber viel Input aus unterschiedlichen Bereichen mitgenommen.
Wie sieht der Alltag im Reparaturbetrieb aus? Bei Heinrich beginnt der Tag mit seiner „Telefonseelsorge“: Jeden Werktag beantwortet er zwei Stunden lang Fragen seiner Kund*innen am Telefon, verteilt Tipps und macht Termine aus. Anschließend geht es in den Kundendienst, bis zu 12 Hausbesuche am Tag erledigen die Mitarbeiter der Blitzblume jeweils am Tag. Am Abend fühlt er sich, als sei ein „Kübel an Bestätigung“ über ihm ausgekippt worden. Auch Steffen erinnert sich gerne an die Zeit des Kundendienstes. Mit einem Stapel voller Aufträge geht es morgens los und nach und nach werden die Kund*innen abgearbeitet. Einige Kolleg*innen bevorzugten die Arbeit in der Werkstatt – ähnliche Tätigkeiten, aber weniger Überraschungen und ein fester Arbeitsplatz. Das sei einfach Typsache, stellen die beiden fest. Immer wieder kommen außerdem neue Themen auf, mit denen man sich auseinandersetzen muss, um neue Lösungen zu finden, zum Beispiel der Druck von bestimmten Ersatzteilen mit dem 3D-Drucker.
Der Mensch will gebraucht werden, stellt Heinrich fest. Und Reparateure werden gebraucht. Die beiden sind sich einig: Als „Retter in der Not“ kann man etwas bewirken und verzweifelte Kund*innen glücklich machen. Ihr praktisches Know-How wird überall gebraucht, ob im Arbeitsalltag oder im Freundes- und Verwandtenkreis. „Ich kann zwar nicht alles, aber ich trau mich alles“, erklärt Heinrich. Mit einem soliden Grundverständnis für Technik sei es viel einfacher, sich auch mal auf unbekanntes Territorium zu begeben.
Denn Reparieren ist eigentlich „supersimpel und kein Hexenwerk“. Dennoch erfordern Problemanalyse und -lösung kreatives Geschick – es geht eben nicht nur um das bloße Abarbeiten einer Anleitung. Es braucht einen „Verstand für das Thema, für das große Ganze“. Und auch ein Gespür für den Kunden, wie Steffen feststellt.
Beide Handwerker sind froh, ihre eigenen Betriebe zu führen und für sich selbst zu arbeiten. Das reparierende Handwerk ist geprägt von Kleinstunternehmen, es gibt eine Vielzahl an Solo-Betrieben oder Unternehmen mit einer Handvoll Mitarbeiter*innen. Als Selbständiger „muss man viel abdecken können, es ist auch anstrengend und mit gewissen Risiken verbunden. Es schenkt einem aber auch eine riesige Freiheit, mit allem Für und Wider“, erklärt Steffen.
Es gibt jedoch immer weniger junge Menschen, die diesen Weg ebenfalls bestreiten. Der Reparatursektor ist jetzt schon vom Nachwuchsmangel geprägt, der in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dazu führen wird, dass immer mehr Werkstätten verschwinden werden. Für Steffen und Heinrich liegt es auch daran, dass das Ansehen des Berufs in den letzten Jahren stark gelitten hat. Während sich das Bewusstsein nun langsam wandelt und die Bedeutung der Reparatur für eine nachhaltige Art zu Wirtschaften immer anerkannter wird, fehlen nun jedoch Ausbilder*innen.
Dabei ist das Jobprofil für Reparateur*innen eigentlich unschlagbar: Über Jahrzehnte sicher, mit einem negativen CO2-Fußabdruck und auch finanziell lohnt es sich immer mehr, in der Branche einzusteigen.
Neben der Tätigkeiten in ihren Betrieben engagieren sich Heinrich und Steffen auch als Vorstandsmitglieder beim Runden Tisch Reparatur dafür, dass die Rahmenbedingungen für die Reparatur in Deutschland sich verbessern.
Katrin Meyer koordiniert seit 2019 die Aktivitäten des Runden Tisch Reparatur e.V. (RTR). Der RTR vereint Handwerksbetriebe, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, ehrenamtliche Reparaturinitiativen und wissenschaftliche Einrichtungen, die sich für eine Förderung der Reparatur und eine neue Reparaturkultur engagieren. Zuvor war sie als Mitglied des Kampagnenteams Schraube locker!? und für den Deutschen Naturschutzring im Einsatz.
Sie kommen aus unterschiedlichen Generationen, haben unterschiedliche Lebenswege hinter sich, der eine ist eher Pragmatiker, der andere Idealist. Was sie eint: Beide brennen für ihren Beruf und reparieren für ihr Leben gern. Heinrich Jung und Steffen Vangerow verdienen mit der Reparatur ihren Lebensunterhalt und können es nur empfehlen.
Seit knapp 40 Jahren repariert Heinrich in seinem Betrieb so gut wie alles, was ihm vor die Nase kommt. Die Karriere begann recht unkompliziert: Seine Mutter nahm ihn mit 14 Jahren „an die Hand, stellte ihn bei Siemens in der Lehrwerkstatt vor und meinte: ‚Hier, der Bub will Elektriker werden‘“. Also ging es los, „mangels Alternative“. Es folgten verschiedene Stationen, unter anderem arbeitete er in der Inbetriebnahme großer Verfahrenstechnikanlagen in der herstellenden Industrie. Um „dem goldenen Kalb Automobil“ nicht weiter zu dienen, suchte er jedoch recht bald nach einem ökologisch nachhaltigeren Weg, seine Fähigkeiten als Elektromeister einzusetzen. So landete er bei der Reparatur von Elektrogeräten. Seinen fünf Grundsätzen folgend – Reparieren geht vor Wegwerfen, kein Verkauf von neuen Geräten, sparsamer Materialeinsatz bei der Reparatur, Einsatz von gebrauchten Ersatzteilen und Verbraucheraufklärung – etablierte er, zunächst im Kollektiv und später allein seinen Betrieb „Blitzblume“.
Steffen arbeitet als Geschäftsführer der Vangerow Werkstätten in Reutlingen in Baden-Württemberg und betreut ein Netzwerk von knapp 1.000 Reparaturwerkstätten in ganz Deutschland. Für ihn war bereits von klein auf klar: Er will in den elterlichen Betrieb rein. Nach dem Abitur begann er eine Ausbildung zum Informationselektroniker für Systeme und Geräte und hatte großen Spaß an Hausbesuchen und Kundendienst. Vom Fotodrucker über Spielautomaten, Kaffeemaschinen bis zu Weißer Ware hat er gelernt alles zu reparieren. Er sei zwar wahrscheinlich „nicht der beste Techniker der Welt“, habe aber viel Input aus unterschiedlichen Bereichen mitgenommen.
Wie sieht der Alltag im Reparaturbetrieb aus? Bei Heinrich beginnt der Tag mit seiner „Telefonseelsorge“: Jeden Werktag beantwortet er zwei Stunden lang Fragen seiner Kund*innen am Telefon, verteilt Tipps und macht Termine aus. Anschließend geht es in den Kundendienst, bis zu 12 Hausbesuche am Tag erledigen die Mitarbeiter der Blitzblume jeweils am Tag. Am Abend fühlt er sich, als sei ein „Kübel an Bestätigung“ über ihm ausgekippt worden. Auch Steffen erinnert sich gerne an die Zeit des Kundendienstes. Mit einem Stapel voller Aufträge geht es morgens los und nach und nach werden die Kund*innen abgearbeitet. Einige Kolleg*innen bevorzugten die Arbeit in der Werkstatt – ähnliche Tätigkeiten, aber weniger Überraschungen und ein fester Arbeitsplatz. Das sei einfach Typsache, stellen die beiden fest. Immer wieder kommen außerdem neue Themen auf, mit denen man sich auseinandersetzen muss, um neue Lösungen zu finden, zum Beispiel der Druck von bestimmten Ersatzteilen mit dem 3D-Drucker.
Der Mensch will gebraucht werden, stellt Heinrich fest. Und Reparateure werden gebraucht. Die beiden sind sich einig: Als „Retter in der Not“ kann man etwas bewirken und verzweifelte Kund*innen glücklich machen. Ihr praktisches Know-How wird überall gebraucht, ob im Arbeitsalltag oder im Freundes- und Verwandtenkreis. „Ich kann zwar nicht alles, aber ich trau mich alles“, erklärt Heinrich. Mit einem soliden Grundverständnis für Technik sei es viel einfacher, sich auch mal auf unbekanntes Territorium zu begeben.
Denn Reparieren ist eigentlich „supersimpel und kein Hexenwerk“. Dennoch erfordern Problemanalyse und -lösung kreatives Geschick – es geht eben nicht nur um das bloße Abarbeiten einer Anleitung. Es braucht einen „Verstand für das Thema, für das große Ganze“. Und auch ein Gespür für den Kunden, wie Steffen feststellt.
Beide Handwerker sind froh, ihre eigenen Betriebe zu führen und für sich selbst zu arbeiten. Das reparierende Handwerk ist geprägt von Kleinstunternehmen, es gibt eine Vielzahl an Solo-Betrieben oder Unternehmen mit einer Handvoll Mitarbeiter*innen. Als Selbständiger „muss man viel abdecken können, es ist auch anstrengend und mit gewissen Risiken verbunden. Es schenkt einem aber auch eine riesige Freiheit, mit allem Für und Wider“, erklärt Steffen.
Es gibt jedoch immer weniger junge Menschen, die diesen Weg ebenfalls bestreiten. Der Reparatursektor ist jetzt schon vom Nachwuchsmangel geprägt, der in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dazu führen wird, dass immer mehr Werkstätten verschwinden werden. Für Steffen und Heinrich liegt es auch daran, dass das Ansehen des Berufs in den letzten Jahren stark gelitten hat. Während sich das Bewusstsein nun langsam wandelt und die Bedeutung der Reparatur für eine nachhaltige Art zu Wirtschaften immer anerkannter wird, fehlen nun jedoch Ausbilder*innen.
Dabei ist das Jobprofil für Reparateur*innen eigentlich unschlagbar: Über Jahrzehnte sicher, mit einem negativen CO2-Fußabdruck und auch finanziell lohnt es sich immer mehr, in der Branche einzusteigen.
Neben der Tätigkeiten in ihren Betrieben engagieren sich Heinrich und Steffen auch als Vorstandsmitglieder beim Runden Tisch Reparatur dafür, dass die Rahmenbedingungen für die Reparatur in Deutschland sich verbessern.
Katrin Meyer koordiniert seit 2019 die Aktivitäten des Runden Tisch Reparatur e.V. (RTR). Der RTR vereint Handwerksbetriebe, Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen, ehrenamtliche Reparaturinitiativen und wissenschaftliche Einrichtungen, die sich für eine Förderung der Reparatur und eine neue Reparaturkultur engagieren. Zuvor war sie als Mitglied des Kampagnenteams Schraube locker!? und für den Deutschen Naturschutzring im Einsatz.
Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.
Dieses Projekt wurde gefördert durch das Umweltbundesamt und das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Die Mittelbereitstellung erfolgt auf Beschluss des Deutschen Bundestages. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autorinnen und Autoren.